Wohnen im Alter — ein Angstthema?

„Wohnen für (Mehr)-Generationen – Gemeinschaft stärken, Quartier beleben“ heißt das Motto eines Wettbewerbs, mit dem neue Wohnsituationen für ältere Menschen geschaffen werden sollen. Wettbewerbe wie dieser sind auch die Suche nach Antworten auf die Frage, wie sich Gemeinschaft in Zeiten einer individualisierten Gesellschaft realisieren lässt.

Angst vor Vereinsamung?
Die Moderne bietet oftmals Freiheiten, die eng gefasste Gruppen, etwa frühere Dorfgemeinschaften mit häufig relativ starrem Regelwerk, nicht zu geben vermochten. Die Kehrseite der Medaille kann Anonymität und Vereinsamung heißen. Insbesondere Jüngere haben Angst, irgendwann im Alter zu vereinsamen, während Ältere diese Sorge weniger teilen, vielleicht, weil die Realität der Senioren doch nicht ganz so nach Vereinsamung schmeckt, wie Jüngere befürchten? 56% aller Unter-29-Jährigen gaben in einer repräsentativen Studie des Seniorenportals von ImmobilienScout24 (veröffentlicht: Ende 2008) an, Angst vor Vereinsamung im Alter zu haben. Bei den Über-50-Jährigen waren es nur 18%. Insgesamt 47% aller Befragten äußerten die Befürchtung, im Alter in eine ungewollte Wohnsituation abgeschoben zu werden. „Wohnen im Alter“ ist ein Thema, das Viele bewegt, nicht allein Menschen älteren Jahrgangs.

Wohngemeinschaften für Senioren oder für Jung und Alt — der Wettbewerb
Menschen, die sich für Wohnen im Alter interessieren, werden neugierig auf jenen Wettbewerb schauen, der jetzt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) initiiert wurde. Als Teilnehmer kommen all diejenigen in Frage, die Gebäude kaufen oder bauen, dort eine zur Thematik „Wohnen im Alter“ passende Wohngemeinschaft etablieren und im Projekt selbst wohnen. Bei teilnehmenden Vereinen und ähnlichen Organisationen müssen Mitglieder des Vereins das Projekt mitnutzen. Die Wohngemeinschaft darf zwischen vier und 16 Personen umfassen und soll entweder ausschließlich für das Zusammenwohnen älterer Menschen dienen oder aber einem Konzept folgen, das ein gemeinschaftliches Wohnen von Jung und Alt realisiert. Der Begriff Wohngemeinschaft ist dabei nicht im engeren Griff (Zusammenleben in einer Wohnung) zu verstehen: Vielmehr soll sie aus Wohnuntereinheiten bestehen, die den einzelnen Senioren und anderen Bewohnern individuell gehören, sowie aus Gemeinschaftsräumen, die Begegnung und Kommunikation ermöglichen. Insgesamt 100 Projekte können im Rahmen des Wettbewerbs durch die KfW gefördert werden; das Siegerprojekt hat nicht nur Anspruch auf ein zinsgünstiges Darlehen bis zu einer Höhe von 100.000€: Es bekommt auch einen Zuschuss für die Kredittilgung in Höhe von 30.000€. Zu den Kriterien für die Entscheidung der Jury zählen etwa Barrierefreiheit innerhalb des Projekts sowie eine zentrale Lage des Gebäudes, sodass Senioren nur kurze Wege gehen müssen, um am Leben außerhalb des Projekts teilhaben zu können.

Ängste werden genommen?
Es sind derartige Wettbewerbe, die auch (oder gerade?) den Jüngeren die Angst vor ihrer Wohnsituation im Alter nehmen können. Oder sind sie doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein? Die Qualität einer Gesellschaft lässt sich auch daran messen, ob sie ein Altern in Würde für Viele erlaubt. Geeignete Wohnprojekte können dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.