Der demnächst scheidende Finanzsenator Berlins Thilo Sarrazin möchte laut Medienberichten die Mietobergrenzen für Berlins Sozialwohnungen aufheben. Möglicherweise droht eine Mieterhöhung für Zehntausende Berliner.
Ist Sarrazins Vorstoß eine sinnvolle Entscheidung oder eine, die die Probleme der Hauptstadt und vieler Einwohner Berlins dann doch eher vergrößert als löst?
Fakten zuerst!
In Berlin gelten Obergrenzen bei Mieten für Sozialwohnungen; 5,35€ pro Quadratmeter Wohnraum darf eine Wohnung in Gegenden Berlins, die als sozialer Brennpunkt gelten, derzeit kosten. Die Höchstmiete steigt auf 5,75€ pro Quadratmeter bei Sozialwohnungen, die sich in einfachen und mittleren Wohnlagen Berlins befinden. Zum Ausgleich für entgangene Mehreinnahmen erhalten die Vermieter staatliche Zuschüsse; in der Berliner Morgenpost vom 20. September 2007 war von 3,8 Millionen Euro die Rede. Nach Angaben der Berliner Zeitung könnte sich die Kaltmiete durch den Wegfall stattlicher Zuschüsse und der Mietobergrenzen für etwa 90.000 Berliner um 13 Cent pro Quadratmeter pro Monat erhöhen.
13 Cent pro Quadratmeter klingt nicht nach viel!
Bei 13 Cent pro Quadtratmeter monatlichem Mietaufschlag würde sich die Kaltmiete für eine 80-Quadratmeter-Wohnung um 10,40€ pro Monat erhöhen. Das klingt tatsächlich erst einmal nicht nach viel Geld, zumal Hartz4-Bezieher die Miete eventuell komplett nicht zu tragen brauchen. Die Stadt würde Gelder sparen, bei denen selbst die Befürworter von Mietobergrenzen zugeben, dass sie nur bedingt denen zugute kommen, denen sie zugute kommen sollen: denjenigen, die wirklich preiswerten Wohnraum benötigen. Ein Kuriosum gibt aber Anlass, noch einmal über die Sache nachzudenken: Oftmals sind Berlins Sozialwohnungen nämlich gar nicht so preiswert, wie sie vielleicht sein sollten, weil es sich meistens um Neubauten handelt. Die Durchschnitts-Kaltmiete für diese Wohnungen liegt, so die Berliner Zeitung am 17. Februar 2009, bei 5,40€ pro Quadratmeter, während der Gesamtdurchschnitt auf dem freien Wohnungsmarkt bei 4,75€ liegt. Eventuell könnten dann Hartz4 – Empfänger irgendwann die Aufforderung bekommen, eine Sozialwohnung zu verlassen, weil sie zu teuer sei? Das Wort „Sozialwohnung“ verliert da irgendwie seinen Sinn. Die Befürworter der Mietobergrenzen fürchten zugleich, dass die Mieterhöhungen diejenigen aus ihren angestammten Vierteln treiben könnte, die ihre Miete bisher noch selbst zahlen können, denen die monatlichen Mietkosten aber bereits jetzt zu schaffen machen.
Sarrazin und die SPD
Sollte Sarrazin wirklich für eine Abschaffung der Mietobergrenzen bei Sozialwohnungen in Berlin eintreten, so würde er sich damit gegen einen Beschluss seiner Partei aus dem Januar 2009 stellen. Damals beschloss die SPD, die Mietobergrenzen beizubehalten. Aber wer das Ende seiner Tage als Finanzsenator vor sich sieht, muss vielleicht nicht mehr ganz so sehr auf Konsens mit seiner Partei achten?