Die Zahl der Zwangsversteigerungen in Ostdeutschland ist 2008 weiter zurückgegangen; betrachtet man jedoch das Verhältnis aus Einwohnerzahl und Anzahl der Versteigerungstermine, scheitert der Traum von Häusle-Besitzern in Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor besonders oft.
„Ruin auf Raten“ titelte die Zeitung „Welt“ im Jahr 2000 und spielte damit auf eine hohe Zahl von Zwangsversteigerungen in Ostdeutschland an. Schon damals waren besonders die Bundesländer Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern betroffen; die Zahl der Zwangsversteigerungen stieg dort von 1999 bis zum Jahr 2000 um 20 bis 30 Prozent. Anders als im Westen, wo Scheidung und Arbeitslosigkeit wesentliche Ursachen für Zwangsversteigerungen von Immobilien darstellen, schrieb die Welt, waren in Ostdeutschland öfters gescheiterte Unternehmensgründungen, in deren Rahmen Immobilien beliehen worden waren, der Grund für den erzwungenen Verkauf.
Machen wir einen Sprung in die Jahre 2006 und 2007 und schauen uns Zahlen an, die der Fachverlag Argetra bereitstellt; in beiden Jahren sank die Zahl der Versteigerungstermine in den Bundesländern Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern gegenüber dem Vorjahreswert: 2006 in den Bundesländern Sachsen und Thüringen um 7,4% und in Mecklenburg-Vorpommern um 4,5%, 2007 in Mecklenburg-Vorpommern um 2,98%, in Thüringen um 7,07% und in Sachsen gar um 11,63%. Der Trend setzte sich 2008 fort; in allen ostdeutschen Bundesländern gab es 2008 insgesamt 10,5% weniger Zwangsversteigerungen als 2007, während die Zahl in den westdeutschen Ländern nur um 0,44% abnahm.
Mag der Trend zu weniger Zwangsversteigerungen in Ostdeutschland auch hoffnungsvoll stimmen, auf einen unbedenklichen Wert gesunken, ist ihre Zahl nicht. Wie stark Länder wie Sachsen, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern nach wie vor betroffen sind, zeigt sich, wenn man die Anzahl der Zwangsversteigerungen bezogen auf 100.000 Einwohner betrachtet: Sowohl Thüringen als auch Mecklenburg-Vorpommern kommen hier auf einen Wert von 176, Sachsen gar auf den Wert 232, während beispielsweise in Baden-Württemberg nur 54 Immobilien pro 100.000 Einwohner zwangsversteigert wurden. Derweil scheinen sich in Sachsen nach Medienangaben verstärkt Rechts- und Schutzvereine zu etablieren, die durch Pöbeleien oder sinnlose Anträge Zwangsversteigerungen erschweren und deren Dienste von manch einem in Not geratenden Menschen in Anspruch genommen werden. So etwas bietet keine Lösungen, mag dem einen oder anderen, der seine Immobilie verliert, aber als ein adäquates Instrument im Kampf gegen Ohnmachtgefühle erscheinen. Bleibt zu hoffen, dass irgendwann möglichst wenige Menschen, auch in Ostdeutschland, aufgrund von Zwangsversteigerungen solche Gefühle entwickeln. Vorerst scheint das jedoch Illusion zu sein: Für das Jahr 2010 rechnet Agetra mit einer insgesamt wieder ansteigenden Zahl der Versteigerungen, da sich dann aus Sicht des Fachverlags die Auswirkungen der Finanzkrise deutlich auswirken werden.