Bilder aus den USA von ehemaligen Hausbesitzern, die vor ihren durch die Finanzkrise verloren gegangenen Häusern stehen, dürften auch einige deutsche Immobilienbesitzer verschreckt haben. Bisher jedoch, so zumindest die nackten Statistikzahlen, scheint eine Welle von Zwangsversteigerungen in Deutschland ausgeblieben zu sein. Viele wird’s freuen. Diejenigen, die trotz positiv stimmender Zahlen, ihr Haus verloren haben, eher nicht.
Konkrete Zahlen
Der Fachverlag für Wirtschaftsinformation Argetra bringt jährlich eine Statistik zu Zwangsversteigerungen in Deutschland heraus. Bereits im letzten Jahr verzeichnete er einen leichten Rückganz der Versteigerungszahlen. 2009 ist die Zahl der Zwangsversteigerungen nach Angaben von Argetra abermals gesunken und zwar um zwei Prozent auf 86.617 Versteigerungstermine. Am stärksten sank die Zahl dabei in Berlin. Hier gab es mit 2.281 Versteigerungen insgesamt 16,6% weniger Versteigerungen als noch 2008. Deutlich, aber mit Abstand zu Berlin sind die Zahlen auch in Brandenburg (-9,7%), Mecklenburg-Vorpommern (-9,8%), Thüringen (-8,8%) und Sachsen (-7,8%) gesunken. Das kann als Indiz dafür gewertet werden, dass sich die Immobilien-Situation im Osten Deutschlands weiter verbessert. Noch 2005 berichtete etwa das Hamburger Abendblatt auf Basis von Argetra-Zahlen von einem neuen Negativrekord bei Zwangsversteigerungen, von dem Ostdeutschland besonders betroffen sei. 2009 gab es der Tendenz zum Trotz auch Bundesländer mit steigenden Versteigerungsterminen: Der osteuropäische Ausreißer Sachsen verzeichnete beispielsweise ein Plus von 4,3 Prozent. Im Saarland nahm die Zahl der Versteigerungen um elf Prozent und in Hamburg gar um 18,0 Prozent zu.
Das alte Problem mit der Statistik
Gerade die Zahlen, die für Hamburg genannt wurden, zeigen aber auch eine Problematik, auf die Winfried Aufterbeck (Geschäftsführer des Argetra-Verlags) im Hamburger Abendblatt vom 21. Dezember 2009, selbst aufmerksam macht. In Hamburg sei offenbar bei mehreren Mietshäusern jede Wohnung einzeln versteigert worden. So etwas lässt statistische Zahlen natürlich nach oben schnellen und kann Statistiken deutlich verfälschen. Nicht berücksichtigt werden in der Statistik auch Häuser, die aufgegeben werden mussten, ohne dass es zu einer Zwangsversteigerung gekommen ist. Mit Interpretationen muss man daher vorsichtig sein.
Wirtschaft und der individuelle Fall zählen
Zu den Zukunftsaussichten für 2010 äußerte sich Aufterbeck differenziert; bei positiven Entwicklungen in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt würden — so Aufterbeck — die Zahlen der Zwangsversteigerungen in Deutschland weiter sinken. Steigende Arbeitslosigkeit dürfte dagegen auch zu einem Anstieg der Versteigerungstermine führen. Denjenigen, die 2009 ihr Haus aufgeben mussten, wird das alles möglicherweise komplett egal sein. Für sie kann nur auf Positives, das Negativem häufiger einmal folgt, gehofft werden. All denjenigen, die einen Hauskauf oder –bau planen, kann nur geraten werden, finanziell nicht zu knapp zu planen und zumindest das eine oder andere Szenario mit einer verschlechterten Situation in die Planung aufzunehmen. Ein Haus, das man (noch?) nicht baut, mag einen ein bisschen traurig stimmen. Ein Haus, das man gebaut hat und aufgeben muss, ist aber oftmals die schmerzvollere Variante.